Donnerstag, 24. März 2016

Wozu eine Karlsmedaille für den Eurovision Song Contest?

„Das Fernsehen ist schließlich eine einzige Schwindelkiste, betrieben von einer halbkriminellen Vereinigung skrupelloser Gutelauneproduzenten, eine Illusionsmaschine, die nie ausgibt, was man reintut.“ Hans Hoff über das Klatschvieh im TV.  Die Schwindelkiste hat einen Preis bekommen und alle empfinden es als selbstverständlich.

Das gleiche Zitat von Hans Hoff ins Englische übersetzt und auf den internationalen ESC angewandt würde Stürme der Entrüstung erzeugen, obwohl auch der ESC nicht mehr als eine reißerische Unterhaltungs-Show ist.  Der Vorfall um Xavier Naidoo brachte eine erschreckende Zensur ans Tageslicht. Die Zensur beinhaltet zugleich ein Sprechverbot über die Funktion dieses Events, denn alle beschränkten ihre Kritik auf NDR, Naidoo und Reichsbürger. 

Nicht weniger bedenklich: Ein ins Englisch übersetzte, auf den ESC bezogene Hoff-Zitat hätte überhaupt keine europäische Plattform. Und deswegen verhallt auch der einzige spottende Beitrag aus der Schweiz: Länder Europas, vereinigt euch im Kitsch.


Wofür die Auszeichnung? 
Der ESC habe sich in besonderer Weise um den Prozess der europäischen Einigung und um die Herausbildung einer europäischen Identität verdient gemacht, so Die Welt am 07.03.2016

Grundsätzlich: 

Wie kann es eine europäische Identität ohne einen europäischen Journalismus geben?

Wieso soll ausgerechnet das Zelebrieren eines Konkurrenzkampfes unter verschiedenen Ländern zur Einigung beitragen? 

Karslmedaille als politisches Heuchel-Paradox
Immer mehr wird der „Länderwettstreit“ in den Vordergrund gerückt, Länderwettstreit entspricht allerdings einer militärorientierten Ideologie. 

Siege und Niederlagen folgen oftmals geopolitischen Strategien. Sobald ein osteuropäisches Land gewinnt, ist Vorsicht geboten wegen Orangenen Revolutionen, Regime Changes etc.

Auffallend ist die im Zusammenhang mit einer Unterhaltungsshow absurde Hetze des Westens gegen Nicht-Nato-Länder Russland, Weissrussland, Serbien oder Aserbaidschan. 

Um die inhaltliche Ausbildung einer europäischen Identität sieht es finster aus
Auffallenderweise werden die 3-Minuten-Songs immer gleichförmiger, alles klingt nach anglo-amerikanischer Formatradio-Musik, alles in englischer Sprache. Zudem werden die dafür angestzten Vorentscheidungungen immer korrupter.

Psychischer Effekt von Hetze, Zensur, Einschüchterung, von Gleichförmigkeit der Musik und nicht nachvollziehbaren Bewertungen dürfte auf Dauer eine Irritation von Wahrnehmung und Beurteilungsvermögens sein und vielmehr eine Zerstörung von Identität zur Folge haben. 

Das Beurteilungsvermögen wird zudem durch Sprachverdrehungen erschwert, die Verbalisierung von Kritik wird immer schwieriger: Substanzlosigkeit wird Identität, Kalkül wird Authentizität, Show wird Realität, Abschaffung des Publikumsvotings wird zur Revolution in der Mitbestimmung, Gleichförmigkeit wird Vielfalt, Fans werden Experten, Nichtskönner werden Helden, drittklassige Stars werden Politiker, Aggressoren werden Opfer, Provokationen werden als Friedensbemühungen deklariert usw. usw. 

Fazit
Europa hat ohne Journalismus keine Kontrolle über das, was mit ihm gemacht wird. An Musik und Compilation verdient nur ein Label aus der USA, dieses scheint sich mit dem Militär zusammengeschlossen zu haben und gibt den Europäern Takt und Sprache vor. Das europäische Publikum darf mit Rundfunkgebühren und Steuern die Zeche für Promo und Propaganda zahlen. 

Der Karlspreis also als eine Art Warmupper, um uns vor dem nächsten ESC langsam auf Betriebstemperatur zu bringen. Und last not least: Ob das von Spiegel-Online ins Leben gerufene Europäische Recherche-Netzwerk das ist, was ich bislang vermisse oder gar verstärkte Fernsteuerung bedeutet, wird sich erst noch zeigen müssen.





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