Donnerstag, 21. November 2013

Eurovision Song Contest – Abstimmungsmodalitäten Teil III - Die Jury

Mit Vehemenz und Verbissenheit widmet sich die EBU bzw. ihre Reference-Group seit 2008 den Belangen der Jury. Im Regelwerk zur 59. Ausgabe des Eurovision Song Contest 2014 umfasst die Beschreibung des Jury-Einsatzes 3 von insgesamt 6 Seiten. Die in den Medien angekündigte „Transparenz“ und „Strenge“ bezieht sich somit in erster Linie auf den Einsatz der Experten-Jury.

Hierzu schon mal einen ersten Stolperstein vorweg: Bei der genaueren Beschreibung dieses Einsatzes wird stets auf ein „Green Document“ verwiesen, das dem Leser vorenthalten wird:

Siehe Punkt 1.3.1 „Each National Jury shall vote in accordance with the instructions included in the so-called „Green Document“ und 

Punkt 1.3.2. „The National Juries shall watch the live transmission of the second Dress Rehearsals and proceed to vote in accordance with the EBU's instructions in the so-called „Green Document“.

Mit Punkt 1.3.3 werden Pflichten und Vorgehensweise der Juroren beschrieben, ich fasse zusammen: Die Jury votet stets bei der Generalprobe der Shows, also einen Tag vorher. Sie müssen bestätigen, dass sie die Regeln einhalten und unabhängig abstimmen. In jedem Teilnehmerland muss unter Beaufsichtigung eines Notars der Juryvorsitzende das Gesamtergebnis der 5 Juroren mit einem Computer errechnen, das Ergebnis auf ein Blatt Papier schreiben und per Fax an „the pan-European televoting partner“ schicken. Jury-Vorsitzende und Notare müssen sich während der Show verfügbar halten, um bei etwaigen Unstimmigkeiten Rede und Antwort zu stehen.

Unter Punkt 1.3.1 ist vorgegeben, wer Juror sein darf: „Radio DJ, artist, composer, author of lyrics or music producer.“ Im Gegensatz zur Zusammensetzung der Reference-Group möchte man hier Ausgewogenheit „in terms of gender, age and background.“ 6 Jahre hat man uns also eine Experten-Jury vorgegaukelt und erst jetzt macht man sich Gedanken zu seiner Zusammensetzung! Dennoch heißt das: Keine Musikredakteure wie in früheren Zeiten, keine Musikjournalisten, keine Musikwissenschaftler oder Musikblogger. Die zugelassenen Berufsgruppen dürften alle der Musikindustrie und einem Label nahe stehen, sie bewerten also entweder ihre Kollegen oder ihre Konkurrenz. 

Da könnte so mancher Juror schon im vorauseilenden Gehorsam zur Selbstzensur neigen. Um so mehr, weil ihre Namen bereits am 01.05. veröffentlicht (Punkte 1.3.1) und ihre gesamten Ergebnisse im Anschluss an den ESC auf einer Homepage präsentiert werden sollen. Wie unabhängig und frei die Juroren bei dieser Regelung urteilen, sei dahin gestellt.

Ausgerechnet beim Urteil selbst können sie Kreativität und Individualität walten lassen. Möglicherweise wird das nach 20 Jahren Castingshows niemand fragwürdig finden. Ich möchte aber zu bedenken geben, dass es hier um einen internationalen Musikwettbewerb geht, in dem Länder mit unterschiedlichen Traditionen konkurrieren. Da sollte das Regelwerk ein paar Kriterien bieten, die den unterschiedlichen „europäischen“ Traditionen und Musikmärkten verpflichtet sind. Oder man macht ein paar Vorgaben, die für Sänger, Komponisten und Autoren eine Herausforderung darstellen.

Das Regelwerk bietet nichts dergleichen. Den Juroren wird lediglich eine Verhaltens- und Vorgehensweise vorgeschrieben, ansonsten müssen sie bei der Bewertung mit noch mehr Irratonalität und Willkür ans Werk gehen als das Publikum. Votet nämlich das Publikum nur für 1 oder 2 Lieblingssongs, müssen die Juroren ALLE - meist gleichförmigen - Popstücke in eine Rangordnung bringen. Ohne irgendeinen Bezugsrahmen wird es schwierig, ihre Bewertung im Zweifelfall nachvollziehbar zu machen. Aus genau diesem Grund könnte die Reference-Group mit gleicher Irrationalität und Willkür ungeliebten Ländern Missbrauch unterstellen…

Da die Juroren zudem eine Show bewerten, die gar nicht im TV übertragen wird, nämlich die Generalprobe, entzieht sich das alles auch einer Kontrolle des Publikums. (Aus diesem Grund glaube ich übrigens nicht mehr, dass die Jury-Sieger im Finale noch live singen.)

Die wichtigste Frage lässt das Regelwerk am Ende offen, und genau an dieser entzündete sich der Protest: Wer kontrolliert eigentlich, dass das deutsche Unternehmen Digame, hier „the pan-European televoting partner“, am Ende nicht die Zahlen manipuliert? Zur Erinnerung: Die europäischen Daten von Telefonvoter und Jury laufen alle in einem einzigen Privatunternehmen auf, und zwar digame mobile GmbH in Köln. Unter Beobachtung der PWC werden sie gesammelt und wieder distribuiert und dann im TV vorgetragen. Um wirklich jedes Haar in der Suppe auszuschließen müsste aus jedem Teilnehmerland ein Notar zur Prüfung nach Deutschland abgeordnet werden. Aber DAS Thema wird einfach ausgespart. Insofern scheint es immer noch Grauzonen für interne Absprachen zu geben.

Fazit: Für einen internationalen Wettbewerb sind die unausgewogene Zusammensetzung der Reference-Group und ihre Vorgaben im Regelwerk unbillig und diskriminierend. Die Telefonvoter werden über den Tisch gezogen, ihre Mitsprache wurde auf ein Minimum begrenzt. Der Einsatz der Jury dient aller Wahrscheinlichkeit nach rein statistischen Zwecken. Im Regelwerk werden sie schon vor ihrem Einsatz mit Verhaltensregeln eingeschüchtert. Anders ist die Drohgebärde unter Paragraph 1.3.3 nicht zu verstehen: „If it appears that votes are casted only in the intent to abuse the voting system or to false the final results or have not been undertaken in accordance with the Green Document, the EBU [und ihre Partner] reserve the right to remove such votes for allocating the ranks“.

Die Reference-Group scheint sich als eine Art westeuropäische Polizei zu verstehen. Ihre seit 2008 so vehement verteidigte Experten-Jury täuscht das Image von musikalischer Kompetenz nur vor. Denn in diesem von der EBU herausgegebenen Regelwerk zum Musikwettbewerb wird die Musik mit keiner Silbe erwähnt. Von dem Musikwettbewerb bleibt bestenfalls ein Länderwettbewerb übrig.

Teil I - Einleitung 
Teil II - Das Telefonvoting

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Donnerstag, 14. November 2013

Eurovision Song Contest – Abstimmungsmodalitäten Teil II - Das Telefonvoting

Leider ist auch die Errechnung der Punkte zum Streitthema geworden. Die EBU behauptet die Regeln optimiert zu haben, diese hat sie in einem Regelwerk zur 59. Ausgabe des Eurovision Song Contest 2014 veröffentlicht.

In Punkt 1.1.3 wird der Vorgang der Punktevergabe beschrieben, wie es das Publikum während der Show vor den Fernsehgeräten mitverfolgen kann. Das Ergebniss wird aus Jury- und Telefonvoting errechnet, die beide zu 50% in die Wertung eingehen.

2013 wurde eine Veränderung vorgenommen, die ich grob erklären möchte: Bis 2012 hat man nur die jeweils zehn Besten von Telefonvoting und Jury miteinander verrechnet. Hatte also ein Interpret von der Jury 12 Punkte und vom Publikum 0 Punkt erhalten, pendelte sich das Ergebnis bei ca. (12 + 0) / 2 = 6 Punkten ein. Seit 2013 werden alle Lieder in die Verrechnung einbezogen. Rangiert nun ein Kandidat im Finale beim Publikum auf Rang 1 und bei der Jury auf Rang 26, dürfte sich der Mittelwert bei (26 + 1) /2 = Rang 14 einpendeln, wodurch der Kandidat bei einer Bewertung von 10 Plätzen (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 10, 12 Punkten) nicht mehr in der Endwertung auftaucht.

Ein rumänischer Blogger hat dies anhand der italienischen Wertung genauer beschrieben. Hier ist auffallend, dass der rumänische Vertreter Cezar vom italienischen Publikum mit Abstand auf Platz 1 gewählt wurde, nach der Verrechnung mit der Jurywertung ging er leer aus. Auf meine Frage, wer denn die italienischen Jury-Experten gewesen seien: „All male, no musician (contradicting EBU rules), president is journalist at right-wing newspaper“. Zur Jury mehr in Teil III.

Konnte die 5-köpfige Jury bis 2012 das Ergebnis des Telefonvotings abschwächen, kann sie seit 2013 das Publikumsergebnis löschen. Die Masse der Telefonvoter zahlt für jeden ihrer Anrufe, die wenigen Juroren hingegen werden (wahrscheinlich) bezahlt. Man kassiert den Telefoneinsatz des Publikums und kann danach seine Stimmen ungültig machen. Solange man das Publikum nicht deutlich auf diese Bedingungen hinweist, ist das Täuschung oder gar Betrug.

In dieser Regeländerung bringt die Reference-Group ihre Geringschätzung der Publikumsmeinung zum Ausdruck. Dass man das Telefonvoting nicht gleich ganz abschafft, erkläre ich mir damit, dass man weiterhin mit den Telefongesellschaften Geschäfte machen möchte.

Darüberhinaus drückt sich in der neuen Regelung auch eine Geringschätzung der Popmusik aus. Während das Publikum erfahrungsgemäß höchstens für ein oder zwei Lieblingslieder anruft, müssen die Juroren ALLE Lieder in eine Rangordnung bringen. Das ist bei 40 (relativ gleichförmigen) Popmusikstücken völlig unseriös. Auch die Musiker bekommen bei so einem gemixten Ergebnis kein brauchbares Feedback mehr von ihren Konsumenten. Eine Lösung wäre, 2 Sieger zu küren.

Die Reference-Group besteht nur aus Vertretern westeuropäischer Länder, zwei von ihnen gehören zu den Big-5 (Deutschland, Italien), die aufgrund höherer finanzieller Einlagen gar nicht richtig am Wettbewerb teilnehmen. An dieser jüngsten Regeländerung wird klar, warum sie Länder wie die Türkei nicht mehr in ihren Reihen duldet, denn die hätten dagegen protestiert. Die Diaspora von süd- und osteuropäischen Ländern tragen den Nachteil davon - und nur die Telefongesellschaften in westeuropäischen Ländern reiben sich die Hände. Diese neue Regelung war ein Grund für den Ausstieg der Türkei. 

Die Veränderung der Punkteberechnung benachteiligt das Publikum und die Musiker. Diese neue Regelung dient offensichtlich nur statistischen Zwecken. Die Reference-Group verlegt den Schwerpunkt weg vom Musikwettbewerb hin zum Länderwettbewerb. Die unausgewogene Zusammensetzung der Reference-Group lässt zudem auf wirtschaftliche, aber auch auf verdeckt politische Absichten schließen.


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Donnerstag, 7. November 2013

Eurovision Song Contest - Abstimmungsmodalitäten auf dem Prüfstand - Teil I

Die Punktevergabe war stets der Kult des Eurovision Song Contest. Mittlerweile sorgen die Beurteilungen der Lieder nur noch für internationale Dissonanzen. Außenminister aus Russland und Aserbaidschan sahen sich 2013 genötigt einzuschreiten, und die Türkei ist 2012 ganz ausgestiegen. Vorwürfe wegen Wettbewerbsverzerrung, Punktegeschacher, Stimmenkauf und Manipulationen aller Art machen die Runde und dabei werden gleich ganze Nationen in Bausch und Bogen verurteilt. Europa gerät beim ESC zunehmend in Kriegsstimmung. Trotz zunehmender politischer Scharfmacherei bleibt eine Beobachtung von Fachleuten aus Musik und Politik aus, man überlässt das Thema ESC weiterhin den Boulevardblättchen.

Nun hat die EBU (Eurovision Broadcasting Union) einen Anfang gemacht und ihr Regelwerk zur 59. Ausgabe der Eurovision 2014 optimiert und will mit den Begriffen „Strenge“ und „Transparenz“ alle Zweifel ausräumen. Ich habe es mir genauer angesehen und möchte es im Folgenden in 3 Teilen kommentieren. Als Bloggerin sind meine Recherchemöglichkeiten beschränkt, daher werden einige Fragen offen bleiben. Vielleicht können Leser diese Auseinandersetzung ergänzen.

Punkt 1.1.1. „A maximum of 46 countries shall be allowed to participate.“ Sind diese 46 Mitglieder auch alle befugt, über dieses Regelwerk abzustimmen? Oder kaufen sie vielmehr die Katze im Sack? Schwachpunkt Nr. 1: Man bekommt keine Auskunft, wie und durch wen dieses Regelwerk zustande gekommen ist. Stattdessen wird mehrere Male auf die Reference-Group verwiesen. Sollte diese Gruppe weitrechende Entscheidungsbefugnisse haben, erscheint sie mir in ihrer derzeitigen Zusammensetzung nicht ausgewogen und nicht repräsentativ für die Gesamtheit der europäischen Länder: 

Dr. Frank-Dieter Freiling, Deutschland, Chairman
Jon Ola Sand, Norwegen, Executive Supervisor
Pernille Gaardbo, Dänemark, Executive Producer, produziert den ESC 2014
Martin Österdahl, Schweden, Executive Producer, hat den ESC 2013 produziert
Christer Björkman, Schweden, ?
Thomas Schreiber, Deutschland, ?
Aleksander Radic, Slowenien, ?
Nicola Caligiore, Italien, ?

Es fehlen Vertreter unterschiedlicher Generationen, es fehlen unabhängige Vertreter, die für die Interessen des Publikums und der Musiker einstehen sowie Vertreter aus süd- und osteuropäischen Ländern. Seit 2010 werden die Türken aus der Reference-Group ausgeschlossen. Das ist übrigens einer der Gründe, weswegen die Türkei sich komplett zurückgezogen hat.

Im ersten Satz heisst es: „The Eurovision Song Contest is an international coproduction by EBU members.“ Dieser Satz deutet auf die gemeinsame Finanzierung hin, aber auch hier scheitert es mit der Transparenz. Es gibt zumindest in dieser Broschüre keine Information zur Finanzierung, bei meinen Internetrecherchen bekam ich stets andere Zahlen. Fakt ist, dass es um eine Riesensumme geht. Hinzu kommen für die Länder Kosten für den musikalischen Beitrag, für Promo, Anreise und Unterbringung der Delegation etc., was manche Rundfunkstation vor große Probleme stellt. 

In weniger finanzstarken Ländern müssen die Künstler einen Teil der Kosten übernehmen. Bei uns wird das alles stillschweigend von Rundfunkgebühren bestritten. Alles. So bezahlt der deutsche Gebührenzahler ungefragt über Jahre hinweg die größtangelegteste Star-Promo in der Popgeschichte der Nachkriegszeit für die Nichte von Nicolaus Meyer Landrut (FDP), Sinn und Zweck wird nicht mal ansatzweise hinterfragt.

So weit ich in Erfahrung bringen konnte, muss jedes Land eine 6-stellige Teilnahmegebühr entrichten. Einen höheren Teilnahmebetrag zahlen die sog. Big-5-Länder Frankreich, Spanien, Großbritannien, Italien und Deutschland, die damit allerdings den Wettbewerb umgehen und sich gute Finalplätze kaufen (von Rundfunkgebühren). Einen sicheren Startplatz im Finale hat auch das austragende Land (Vorjahressieger), denn deren Rundfunkstation muss durch die Ausrichtung der Show wohl am tiefsten in die Tasche greifen. Allein schon die Vorgabe der Ausrichtung im Folgejahr ist für ärmere Länder eine Killerregel.

Im Regelwerk werden die gekauften Finalplätze ohne weitere Erklärung garantiert: „There shall be six guaranteed places, one for Host Broadcaster,[…] and five EBU-members from France, Germany, Spain, Italy and UK. […] Apart from the six broadcasters with guaranteed places, all participating Broadcasters from a maximum of 40 countries shall compete in one of the Semi-Finals for the 20 remaining places in the final.“ 

In Punkt 1.2 werden die Kriterien zu den Liedern zusammengefasst. Sie dürfen nicht länger als 3 Minuten sein. Und „[Songs] must not have been commercially released before 1 september 2013.“ Sollte diese Regelung gebrochen werden, hat „Executive Supervisor authority to evaluate whether the composition is eligible...“ Bislang war es zudem so, dass man den Beitrag bis zu einer bestimmten Deadline fest zu legen hatte und danach keine Veränderungen am Song mehr vornehmen durfte. Wurde diese Regel für 2014 gar aufgehoben? Immerhin wurden Regelbrüche bezüglich ihrer Deadlines bislang mit hohen Geldbußen belegt.

Das weiss ich, weil gerade Fans westeuropäischer Länder wie die Schießhunde aufpassen, wodurch so manches ärmere Land bis heute in die Negativschlagzeilen geraten ist. Seit 2013 gibt es ein gutes Beispiel, wie parteiisch die Reference Group arbeitet: Als nämlich Deutschland in der Vorentscheidung gleich mehrere Beiträge präsentierte, die vorzeitig veröffentlicht worden waren, hat wohl der Executive Supervisor stillschweigend „evaluated“ und diese Regelung gelockert. Weissrussland hingegen musste sein Lied 2011 auswechseln, weil es schon ein einziges Mal in einer Schulaula vorgesungen worden war. Ähnlich erging es auch der Ukraine 2010 mit Sängerin Alyosha, deren Beitrag auf einer verkümmerten Myspace-Seite unter ihrem Familiennamen Olena Kucher gesichtet worden war.

Fazit: Grundsätzlich sollte die EBU ihre Informationspolitik optimieren statt ihr „Regelwerk“. Das Regelwerk wirft hinsichtlich seines Zustandeskommens und der Finanzierung mehr Fragen auf als es beantwortet. Diese mangelhafte Informationspolitik steht im Widerspruch zu Begriffen wie Strenge, Transparenz und Gerechtigkeit.

Das von der Reference-Group demonstrierte Verständnis von Wettbewerb begünstigt die Interessen einer kleinen Gruppe. Die Big-5-Regel, nach der sich Länder ins Finale kaufen können, ist feige und unfair. Selbst wenn man eine finanzielle Großzügigkeit der 5 Länder unterstellt, bleibt diese Regel dann immer noch ein Selbstbetrug am eigenen Publikum. Dem Publikum in diesen Ländern wird mit gekauften Finalplätzen, geschummelten Statistiken und (in Deutschland) Wahnsinns-Promotion Leistung, Erfolg und Beliebtheit nur vorgetäuscht, im Grunde müssen sie alles mit Rundfunkgebühren finanzieren.

Demnächst
Teil 2 - Das Telefonvoting
Teil 3 - Die Jury 

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Dienstag, 5. November 2013

Ein Mann lässt sich einen Bart wachsen

... und trägt dazu Frauenkleider. Mit dieser Sensation möchte Conchita Wurst alias Tom Neuwirth beim nächsten Eurovision Song Contest 2014 für Österreich punkten. Viele ESC-Fans – die Fanclubs bestehen in Westeuropa zu 80% aus Homosexuellen – zeigen sich irritert. Wer nach zahlreichen Christopher Street Days, nach Westerwelle und Wowereit und gefühlten 3000 Tunten beim ESC diese Masche noch als Provokation für nötig hält, hat die Emanzipation der letzten 30 Jahre nicht mit vollzogen. 

Wahrscheinlich musste sich Conchita deswegen noch zusätzlich etwas Besonderes einfallen lassen. Sie hat sich vor den Karren einer Polit-Kampagne spannen lassen, bei der nicht klar ist, ob es um die Emanzipation oder um Ausbeutung von Eitelkeit und Ängsten der Homosexuellen geht. 

Zur Kampagne: Angeblich gibt es eine weissrussische Gruppe, die bei der weissrussischen Regierung eine Petition vorzulegen beabsichtigt, mit der ein Verbot der TV-Ausstrahlung von Conchitas Auftritt beim ESC bewirkt werden soll. Aus moralischen, religiösen und pädagogischen Gründen, versteht sich. Das Ganze wurde auf Facebook und offenen PR-Portalen verbreitet. Lange Zeit war nicht klar, wer sich hinter diesen weissrussischen Moralaposteln verbirgt, denn nicht die Initiatoren der Kampagne, sondern nur die vermeintlich angegriffenen Schwulen wussten darüber zu berichten. Sie nahmen und nehmen diesen Vorgang zum Anlass, um Lukaschenkos Negativurteil schon mal vorweg zu nehmen und einen Ausschluss von Weissrussland und Russland beim ESC zu fordern. 

Vielleicht weil sich die Weissrussen partout nicht für die Sache interessieren und auch, um die Scharfmacherei etwas anzufeuern, hatte am 31.10.2013 eine Person namens Artsyom Kirashou auf Radio Free Europe – Radio Liberty sein Coming Out als Initiator dieser Kampagne. 

Hartnäckigkeit und Großmäuligkeit der offensiven User, die angeblich aus der Defensive heraus als diskriminierte Schwule handeln, wie auch die Veröffentlichung auf dem amerikanischen Propagandasender Free Europe erwecken in mir den Eindruck, dass dahinter Agenten stehen, die unter Vortäuschung von Schwulenbelangen den ESC mal wieder als Täuschungsmanöver missbrauchen. Im Ergebnis helfen sie nicht den Interessen der Homosexuellen, sondern schaffen künstliche Anlässe um ein Freund-Feind-Schema zu schüren und Osteuropa- und Islamhass unter die Leute zu bringen. 

Insgesamt wird damit eine sehr triviale Vorstellung von Menschenrecht und Selbstbestimmung verbreitet. Als würden sich diese Werte, die im Abendland in Jahrhunderten erkämpft wurden, heutzutage per Knopfdruck auf der TV-Fernbedienung weltweit umsetzen lassen. Und wenn das nicht – zack, zack – funktioniert, soll es legitim sein, ganze Nationen zu erniedrigen, auszugrenzen oder anzugreifen – am besten noch mit Hilfe des Militärs? 

Solche dubiosen Kampagnen setzen den Frieden aufs Spiel und sind eine Verkehrung des Menschenrechts.


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