Mittwoch, 4. September 2013

Wie der Neofaschismus in der Popkultur salonfähig gemacht wird

Am 22.07.2011 ereignete sich in Norwegen ein doppelter Terroranschlag. Im Regierungsviertel der norwegischen Hauptstadt explodierte eine Bombe, kurze Zeit später wurde auf ein Jugendlager auf der Insel Utoya ein Anschlag verübt. Insgesamt 77 Menschen kamen dabei ums Leben. Der Attentäter war der rechtsradikale christliche Fundamentalist Anders Behring Breivik.

Einige Stunden vor dem ESC-Finale in Düsseldorf schrieb Breivik Folgendes in sein Manifest: "Saturday May 14 - Day 13: It's the Eurovision finale today. I just love Eurovision...!:-) It's a lot of crap music but I think it's a great show all in all. I've seen all the semi finals and will take the time of to watch it later today, online. My country has a crap, politically correct contribution as always....I hope Germany wins". 

Einige Stunden später gewann nicht Germany, sondern Aserbaidschan. Für Norwegen war die 25-jährige Kenianerin Stella Mwangi, für Deutschland zum 2. Mal Lena Meyer-Landrut gestartet. 

Mit diesem Zitat outete sich Breivik als prominentester Fan des Eurovision Song Contest und der deutschen Lena-Meyer-Landrut und wies damit auf Querverbindungen zwischen Eurovision und einem im Internet verdeckt tätigen europäischen Neofaschismus hin. In den Medien wird Breivik als Einzeltäter abgestempelt, in seiner Gesinnung ist er es nicht, er repräsentiert ganze Netzwerke im Internet. Ein Jahr nach dem Attentat hat beispielsweise Politically Incorrect seine Abschlussrede nicht nur veröffentlicht, sondern in gutes Deutsch übersetzt, in der Breivik ein weiteres Mal im Rückgriff auf den ESC ungestört sein Weltbild rechtfertigt. Norwegische ESC-Teilnehmer werden abfällig als „Asylanten mit Tatarenhintergrund“ bezeichnet deren Beliebtheit ein Hinweis auf „die psychische Krankheit", auf "kulturelle Zwangsvorstellungen und kulturelle Selbstverachtung hinweisen, was einer einer sofortigen Medikamentierung bedarf“. 

Man kann an dem Fall Breivik doch erkennen, wie der Mix eines Täuschungsmanövers mit 
  • vordergründig harmlosen Events (sei es der ESC, Olympia oder die EM) und 
  • des Etiketts des „pro-Amerikanisch-pro-Israelischen“ (PI, welcher Deutsche wagt schon, dagegen was zu sagen?) mit 
  • künstlichen Betroffenheitsszenarien und totalitären Spaßkampagnen à la Lena 
leicht außer Kontrolle geraten kann. Dieser mögliche Ursache-Wirkungs-Zusammenhang und seine Gefahren werden von Medien und Politik tabuisiert. Keiner hat professionell hinterfragt, was die deutschen „Lenastheniker“ (so verniedlicht nannten sich die PR-Multiplikatoren in Rundfunk, Politik, Wirtschaft und Kirche) so "richtig" gemacht haben, dass sich Neofaschisten im Internet davon angesprochen fühlen. Wozu überhaupt dieser ganze Lena-Kack? 

Lieber schüren Medien und Politik die Skepsis gegen das „böse Internet“ und verweisen auf die Kontrolle von Verfassungsschutz und Geheimdiensten. Ausgerechnet. Nach all den Infos zu NSU und NSA finde ich das bedenklich, mir wäre die Kontrolle einer aufgeklärten und kritischen Öffentlichkeit genauso wichtig. 

Seitdem bin ich mit meinen Fragen allein...
Dass nicht mal die jüdische Gemeinde daran Anstoß nimmt, wenn unter dem Etikett des „Pro-Israelischen“ ein mörderischer Rassismus verbreitet wird, irritiert mich maßlos. 

Unklar ist mir auch, warum sich nach Bekanntwerdung des Breivik-Zitates die verantwortlichen Profiteure und Supporter dieser Eurovisionskampagnen bis heute nicht gegen rechte Gewalt abgegrenzt haben. Jeder Ernst zu nehmende Künstler hätte dies getan – schon allein um seine Fans zu schützen. Welcher Fan will sich schon mit den Breivik-Brüdern in einer Schublade wieder finden? 

Stattdessen registrieren Medien und die straff organisierten schwulen Männerbünde der Eurovision vor Olympia jeden umgekippten Sandsack in Russland, aber mit einem neofaschistischen Massenmörder in den eigenen Reihen haben sie kein Problem. 

Was die erfolgsverwöhnten Stars betrifft kann ich mir ausrechnen, welches Kaliber jetzt Schenkel klopfend vor der Glotze sitzt, wenn Stefan Raab eine Polittalkshow moderiert oder Lena Meyer-Landrut in der Sesamstraße das Kinderprogramm bestreitet.

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