Dienstag, 2. Dezember 2008

Big Four

Der renommierte Komponist Andrew Lloyd Webber reist nach Russland, um bei Putin für sein Vorhaben, nämlich die Teilnahme am ESC, zu werben. Der Presse wird daraufhin folgendes mitgeteilt:

Putin gives Eurovision vote to UK

Und das, obwohl Lied und Interpret noch gar nicht feststehen. Will Webber im Vorfeld schon mal vorführen, dass das Voting wirklich nichts mit Musik zu tun hat? Oder hat Webber so lange gequengelt, bis Putin sich genötigt sah zuzustimmen? Gesetzt den Fall, dass Webber wirklich nach Russland reiste: Wie tief muss ein Teilnehmerland gesunken sein, um so eine PR nötig zu haben?

Frankreich scheint es mit ähnlicher Formel zu versuchen: Senior gleich seriös. Dafür wurde die Luxemburgische Teilnehmerin aus dem Jahr 1973, Anne-Marie David, wiederbelebt. Sie kümmert sich jetzt darum, dass Frankreich sich für den nächsten Contest wieder auf seine Wurzeln besinnt. Das glaube ich prompt, denn außer 2007 und 2008 machen sie das seit 54 Jahren so.

Spanien erlaubt sich, die innovative Vorentscheidungsprozedur des Vorjahres via Myspace bzw. Internet zu wiederholen. Das ist nicht seniorentauglich, das ist nicht seriös. Und deswegen zur Beschwichtigung folgende Pressemitteilung gleich hinterher:

Spain: TVE takes Eurovision "very seriously"

Spanien nimmt die Teilnahme also ernst, hoffentlich tun das auch die abstimmenden User. Die deutschen Organisatoren hüllen sich in Schweigen und suchen wie jedes Jahr intensiv und “very seriously” wieder nach den drei (fünf?) hartnäckigsten Ladenhütern.


Sehen so Erfolgskonzepte aus?

Statt den Contest endlich mal in Beziehung zum aktuellen Musikgeschehen zu setzen um Schwung in die Sache zu bringen, setzt man auf das Image vergreister Idole oder anonymisiert und zerstreut die Verantwortung in Online-Aktivitäten.

Und warum die demonstrative Betonung auf Ernsthaftigkeit und Ehrwürdigkeit? Antwort: Weil mit Einführung der Semifinale die Big-4-Regelung grundsätzlich fragwürdig geworden ist und die vier Länder mit ihren schwachen Beiträgen außer Geld nichts Sinniges mehr zum Contest beigetragen haben.

Das Erkaufen von Wettbewerbsvorteilen ist für die übrigen Teilnehmer eine Brüskierung und für Interpreten der Big-4 eine Behinderung. Sie werden zum Finale durchgereicht wie Hilfsbedürftige, die 500 m Vorsprung und die wohlwollende Unterstützung einer anonymen Jury benötigen.
Arme Big-4. Geld allein macht nicht wettbewerbsfähig.

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